Sodele,
heute landete sie dann auf meinem Schreibtisch, die neue Dream Theater!
Nachdem die Altmeister "Rush" bereits einen heissen Anwärter auf den Titel "Mein persönliches Prog-Album des Jahres" vorgelegt hatten, schlägt nunmehr das Flaggschiff der zweiten Generation der Prog-Legenden mit aller Macht zurück!
War ich vom Vorgänger "Octavarium" noch leicht bis mäßig enttäuscht, versöhnen Dream Theater mit "Systematic Chaos" alte Fans wie mich doch überaus gekonnt.
Zunächst mal geht es mit "In The Presence Of Enemies" ganz klassisch los. Zu Beginn gibt es zunächst noch keinerlei Experimente. Hier liefern die Ami's um Schlagzeugwunder Mike Portnoy und Gitarrenhe(-wi)xer John Petrucci klassischste DT-Kost ab. Fette Gitarren, hymnische Harmonien und das gewohnt geniale Schlagzeugspiel des Herrn Portnoy, verziert mit den klassischen Synthiesounds des Keyboardwizzards Jordan Rudess. "In the presence....." ist DT wie man sie kennt und sogesehen hätte diese schöne Prog-Nummer auch schon auf Octavarium sein können!
Die nächste Nummer Nummer "Forsaken" geht in die gleiche Richtung, allerdings diesmal fast WIRKLICH eingängig. Ich könnte mir vorstellen, daß dieses Stück sogar einigen auch hier anwesenden Vertretern der "sophisticated Hairspray Metal Fraktion" gefallen könnte.
So war ich nach den ersten beiden Songs zwar beeindruckt, aber auf gewisse Art und Weise ähnlich enttäuscht wie zuvor von "Octavarium" in 2005.
Doch dann geht's richtig los! Mit "Constant Motion" legen Petrucci und Co. hier einen "Progressive Thrash Metal Klassiker" vom Schlage der frühen Metallica, nur besser, hin! Das brutale Riff ist auch direkt vom '88 Album "..And Justice For All!" der berühmten Bay Area Metaller "geborgt"! Aber meine Fresse - das geht nach vorne! Und Sänger James La Brie klingt so gut wie noch nie! Genauso wie Portnoy's komplexe und verfrickelte Drums!
Mit der gleichen, gnadenlosen und uhrwerksartigen Präzision und Brutalität geht es im nächsten Track "The Dark Eternal Night" weiter zur Sache! Hier kommen sogar verzerrte Vocals zum Einsatz! Metal up your ass......!

Sehr, sehr cool und druckvoll!
Auch lyrisch bedient man hier allerdings mehr oder weniger klassische Metal Inhalte....aber es macht Spaß!
Das darauf folgende "Repentence" macht dann allerdings wieder einmal einen kompletten U-turn und zitiert gekonnt das legendäre Dream Theater Konzept Album "Scenes Of A Memory" von vor einigen Jahren um dann mit schönem Riff in die Gehörgänge des geneigten Proggies zu brennen!
Die Produktion des gesamten Albums ist so KNUSPRIG, das es schlicht Gänsehaut erzeugt. Die Instrumente und James La Brie's Gesang klingen so authentisch und "rockig" wie es schöner nicht sein könnte!
Doch das Highlight des ganzen ist mit Sicherheit das darauf folgende "Prophets Of War"! Denn hier wird es wirklich neu und aufregend und bleibt dabei dennoch typisch DT.
Hier wir eine regelrecht "poppige" Melodie über ein, von Synthiearpeggios und majestetischen Gitarren- und Bassparts dominiertes, komplexes Arrangement gelegt. Das ganze befeuert von den Doublebassattacken Portnoys! Ganz großes Kino! Inhaltlich gehts um die derzeitige "Außenpolitik" der USA....

...bin mir nicht sicher ob DT es nun positiv oder negativ meinen - ist aber auch egal: Denn sie unterhalten damit ganz prächtig! Das Stück ist mein absoluter "Favourite" bisher! Einfach wunderbar!
Danach lässte alles m. E. leider ein wenig nach. Mit "Ministry Of Lost Souls" gibt es die obligatorische Bombastballade mit dem typischen Schmerz-Depri-Inhalt! Schöne Akustikgitarrenpart und gewohnt tolle Vocals, jedoch ist das Stück mit knapp 15 Minuten einfach zu lang!
Als Abschluß gibt es dann Teil II zu "In The Presence Of The Enemies". Allein das Intro - in dem eigentlich gar nicht so viel passiert - ist den Kauf des Albums wert, nur weil es gar so geil klingt. Und La Brie hier singt, wie nie zuvor. Er singt völlig unangestrengt und zunächst mal eher Bariton als Tenor zu alptraumhaften, aber nicht schrägen Harmonien. Das ganze ist zunächst ruhig gehalten und wunderbar durch Git.-Feedback untermalt, bevor Portnoy und die schlitzäugige Basskapazität John Myung wie Hölle dazu grooven und das Ganze dann halt wieder in den für die frühen DT-typischen Bombast überführen. Aber trotzdem - die "Dark Master" Passagen sind irgendwie berechenbar aber einfach GEIL! Ich wünschte mein alter "Kumpel" Alice Cooper würde mal wieder eine solche Stimmung aufnehmen.
FAZIT: Dream Theater sind wieder zurück! Und - im Gegensatz zum letzten Mal - wieder in einer bestechenden und für mich überaus befriedigenden Form! Jetzt muss ich doch mal gucken, ob ich nicht vielleicht doch einen Gig der Jungs in meinen Tull Tour Schedule einbauen kann!
ABSOLUTE UND UNEINGESCHRÄNKTE KAUFEMPFEHLUNG!
Viele Grüße,
J.
PS: Ich habe mir die "Special Edition" der CD angeschafft. Die bietet für nur zwei Euro mehr zusätzlich einen 5.1. Surround Mix sowie eine 90 minütige "Making Of Systematic Chaos" Doku - die ich allerdings noch nicht gesehen habe......aber das nenne ich "value for money!".
Und wo wir schoneinmal dabei sind, auch das Artwork bietet echte "Wertigkeit"! Und DT sind jetzt ebenfalls auf Roadrunnner! D. h. ich wünsche mir von den Verantwortlichen dort einen ähnlichen Rahmen für das neue Tull Album, welches ja sowieso sämtliche Veröffentlichungen in den Schatten stellen wird......
