Zicke in Concert

[King Heath]

Heute rief wieder einmal die Bühne im Stadtpark, auf der Avril Lavigne Hof hielt.

Zunächst aber wurde das vornehmlich weibliche Publikum von vier Milchbärten aus München beschallt, die ihren zweifelhaften Ruhm MTV und dem KIKA verdanken: Die Killerpilze.

Ich selbst bin seit ungefähr sechs Jahren MTV abstinent und den KIKA stelle ich nur an, wenn die Maus aus dem Ersten wegen Skispringens verbannt wird. Ob es nun die Söhne oder gar Enkel der Ärzte sind, lässt sich in meinem fortgeschrittenen Alter nicht mehr feststellen. Zunächst einmal machten die Bajuwaren abfällige Bemerkungen über das Hamburger Wetter, was dieses mit einem zehnminütigen Nieselregen angemessen beantwortete, dann zogen sie sich den Zorn der Anwesenden dadurch zu, dass sie sich erst als FC Bayern Anhänger outeten, um sich gleich anschließend bei den vermeintlich anwesenden HSV Fans einzuschleimen, was wiederum (mindestens 80 % Pauli im Publikum) mit Pfiffen quittiert wurde. Zu dumm zum Arschkriechen.

Immerhin ließen sie es mit einem netten Ärzte-Ramones-Green Day-und noch irgendwas, was ich nich kannte-Medley krachen.

Nachdem mich meine Tochter zum ungefähr dreiundvierzigsten Mal gefragt hatte, wie spät es sei (ich hatte ihr schon beim ersten Mal gesagt, dass ich keine Uhr habe – ist die Aufregung gewesen, normalerweise ist sie nicht so begriffsstutzig), kamen dann vier Fahnen schwenkende Mädels auf die Bühne gehüpft. Der Sound war unterirdisch und das, obwohl wir direkt vor dem Mixer standen. Die Bühne, in pink und schwarz gehalten, mit großem Totenkopf und gekreuzten Knochen (St. Pauli! St. Pauli!), war Gift für meine Sehnerven und ich dankte der Vorsehung dafür, dass ich meine Brille vergessen hatte. Dann kam SIE endlich auf die Bühne und versuchte gleichzeitig zu tanzen und zu singen, was nur bedingt gelang. Meine Tochter und ihre Freundin waren allerdings entzückt und fingen nun ihrerseits mit dem Tanzen (na ja, Hüpfen) und Singen an.

Avril Lavigne ist insofern ein Phänomen, als dass sie sich musikalisch zurück entwickelt hat. Als “Complicated“ vor sechs Jahren Single of the Week bei Ken Bruce auf Radio 2 war, habe ich mich unsterblich in sie verliebt. Als ich meiner Tochter zum Geburtstag nun Lavignes dritte CD schenkte, kam ich kaum über den ersten Song hinaus. Kleinmädchenmucke in Reinkultur. Nach drei Songs von der neuen CD, die meine Tochter bereits auswendig kennt, kam endlich ein Song für mich: Skaterboy! Nicht lachen, ich finde den wirklich geil. Leider war der Sound immer noch lausig. Wurde aber später etwas, aber auch nur etwas, besser.

Nun forderte die junge Kanadierin das Publikum auf, ihr nachzusprechen. Dies scheiterte an den doch recht begrenzten Englischkenntnissen der um mich versammelten 6 bis 12 Jährigen Mädels, so dass ich mich veranlasst sah, für diese in die Bresche zu springen und gewissermaßen stellvertretend zu antworten. So ließ ich also meinen leicht verrauchten Bariton ertönen und antwortete wunschgemäß: “Hell yeah! I’m a motherfuckin’ princess!“

Das war ein Fehler, denn von nun an warfen mir zwei in Leder und Denim gekleidete Herren mit buschigen Schnauzbärten Kusshändchen zu.

Nach einer guten Stunde war dann plötzlich alles vorbei. Das verdutzte Publikum vergaß sogar zu applaudieren und musste von einem Roadie erst dazu animiert werden. Verrückte Welt.

Zugabe war natürlich Complicated. Dann war glücklicherweise alles vorbei. Und obwohl ich mir versucht habe, den Abend mittels Gerstenkaltschalen aus dem Hause eines Kollegen mit schlechten Deutschkenntnissen (Das König der Biere) schön zu trinken, habe ich mir nun doch noch eine schöne Flasche Wein aufgemacht und lasse die Muse fließen. Oder um es mit Sgt. Murtaugh zu sagen: “I’m too old for that shit!“

Meine Tochter ist, völlig erschöpft, aber glücklich, ins Bett gefallen und sofort eingepennt. In ihrem Alter wäre es mir vermutlich nicht anders gegangen.


Kavril Laheath

[CaptainFalcon]

Und dann hast du festgestellt, wie gut Tull Konzerte doch immer noch sind